Post Date Jun 18

arkestra convolt – unter sich – im 8. Querklang am Berghang Konzert am 14. Juni 2013

Tango Nuevo ist ein feststehender Begriff in der Tangomusuk seit Astor Piazzolla dafür komponiert hat.
Bei arkestra convolt wird er noch „neuer“. Hier trifft unser Percussionist Francesco Panarese ( unser weitgereistester Weltmusiker ) auf Klassik, Jazz und Einflüsse der Rockmusik .
Sie alle fliessen ein in den neuen “ Tango Nuevo “ Stil , den arkestra convolt allein schon durch seine Instrumente radikal verändert.
Doch ganz so neu ist diese Idee nicht.
Beeindruckt haben mich das Duo Don Byas, Saxophon und Slam Stewart, Kontrabass und Skat-Gesang.
Diese Besetzung entbehrt jeglicher harmonischer Fülle wie Sie durch ein Klavier oder eine Gitarre formuliert werden kann. Das wirkt zunächst etwas nackt, bei weiterem Hinhören jedoch wird es so interessant und spannend, weil die beiden Musiker alle Aufgaben einer kompletten Band ausfüllen müssen.
Nennen wir es nicht nackt, sondern Beschränkung auf das Wesentliche.
Diese Idee von arkestra convolt sich jeweils zusammen mit Gästen im Duo und Trio vorzustellen, erinnert mich an das musikalische Konzentrat von Johann Sebastian Bachs Cello Suiten und seinen Violin Solosonaten und Partiten. Und nicht zu vergessen: Edgar Meyer, Kontrabass mit Chris Thile, Mandoline.
Wer einmal einen Satz aus einer Cello Suite mit Klavierbegleitung gehört hat, der spürt sofort, dass hier unnötig zuviel gesagt wird.
Astor Piazzolla’s Contrabajeando und sein Libertango geraten so zu Perlen der modernen Musik, die sich einreihen in die Highlights der „Fünf Stücke für Orchester“ op. 10 von Anton Webern und den „Tierkreiszeichen“ von Karlheinz Stockhausen : Reduzierung als Prinzip des musikalischen Reichtums.

Post Date Mai 14

Max Riefers „Phonetica“ von Keiko Harada im Querklang am Berghang am 10.5.2013

Keiko Harada

Keiko Harada – Komponistin

Eine Kirche voller Percussionsinstrumente, einen Sprecher, einen Schauspieler, einen Akrobaten und jede Menge Selbstbewusstsein IMG_0879braucht es für „Phonetica“ eine zwölfminütige Bravour Nummer unbekannten Schwierigkeitsgrades. Dass ein Musiker sein Handwerk versteht ist Ehrensache, dass er sein Mundwerk in diesem Fall auch noch unter Kontrolle hat, das vereint sich nicht oft in einem Menschen. Weit entfernt von Selbstzweck in der Inszenierung setzt Max Riefer akustische Bonbons in den Raum, Delikatessen modernen Musikerlebens. Dabei verschwimmt die Wahrnehmung zwischen tatsächlichen Intsrumentalklängen und seinen klangpercussiven Geräuschen die er mit dem Mund produziert. Nicht der Showeffekt geht unter die Haut, der würde uns in Staunen versetzen, nein, es ist der feine Geschmack eines Fünf-Sterne-Menues, dessen Bestandteile wir erahnen aber nicht beschreiben können. Es ist die Magie des Gewusst-Wie. Jetzt wissen und glauben wir auch: seine musikalische Vita ist nur die untertriebene Gelassenheit eines Könners und Machers der Musik. Max Riefer ist das männliche Pendant zu Erika Stucky : beide kommen so natürlich und selbstverständlich auf die Bühne, ausgestattet mit Klarheit, Humor und Können. Beide müssen eine glückliche Kindheit gehabt haben, dass sie sich jetzt so souverän durch das Leben bewegen.

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Post Date Mai 13

Max Riefer – Wencheng Lee – arkestra convolt und der musikalische Tiefgang im „Querklang am Berghang“ am 10.5.2013

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Wencheng Lee, Max Riefer

Der Abend beginnt mit nichts. Waldgeräusche in der Kirche. Niemand auf der Bühne, niemand spielt. Anwesenheit in Abwesenheit sozusagen. Fünf Minuten geht das so, dann kommt Leben in die Kirche. Eigentlich in den Wald, denn eine Lerche beginnt ihren Gesang. Es muss eine erfahrene Lerche sein, denn die vielen Geschichten die sie uns erzählt bedürfen einiger Erfahrung. Langsam mischen wir uns ein: zwei Percussionisten, ein Cello, Posaune und eine Klarinette/Saxophon. Die Lerche gibt den Ton an und wir unterhalten uns mit ihr, versuchen Vögel zu sein ( aber keine schrägen Vögel ), so gut zu erzählen wie ein Vogel.. Das Publikum soll wieder bewegt werden: geistig, spirituell. Komponiert“ hat sich die Lerche selbst, aufgenommen hat sie der Komponist Bernhard Wulf ( * 1948 ).

Wir, arkestra convolt sind vor jedem Konzert in Sorge: werden wir unsere Vorstellungen verwirklichen ? Genügen wir unseren eigenen Ansprüchen ? Wir haben uns noch nicht enttäuscht. Und noch nichts Negatives aus dem Publikum gehört, einige sind nicht zum ersten mal hier.

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Wencheng Lee, Claus Rosenfelder, Bernd Stang

Der malayische Komponist Kee Young Chong ( * 1971 ) hat „Metamorphosis“ (2001) komponiert, für Soloflöte, Max Riefer-Wencheng Lee-Percussion und arkestra convolt. Die Flöte kommt vom Zuspielband. Der Unterschied zwischen „Neuer Musik“ und freier Improvisation verschwimmt bei diesem Werk. Haben Sie gehört, was notiert und was frei gespielt wurde? Gesehen haben Sie es nicht, konnten es nicht ahnen, weil die Musiker sehr konzentriert in ihre Noten schauten. Da war aber nicht viel zu sehen weil da nur Hyroglyphen zu sehen waren. Das ist Teil der Komposition, dann geben die Zuhörer der Darbietung mehr Gewicht. Dies nimmt dem Stück jedoch nichts von seiner tiefen und ernsthaften Musikalität.

Keiko Harada ( *1968) komponierte für Max Riefer das Solostück „Phonetica„. ( Darüber berichten wir separat in einem weiteren Artikel ).

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Claus Rosenfelder – nah am Puls

Olga Magidenko betritt mit ihrer Auftragskomposition von arkestra convolt die Bühne: „Puls“ für Saxophon und zwei Percussionisten. Wir lieben sie für ihre Musikbesessenheit. Ihr Weltruhm steht noch aus. Aber arkestra convolt will auch weltberühmt werden. Dann nehmen wir sie mit in den “ Puls“ der weiten Welt. Wir können diese wunderbare Musik nur als tiefgängig-skurril bezeichnen. Und provokativ. Mal ist unser Puls ruhig, dann wieder heftig. Dann bleibt er stehen, in der Musik wie im Publikum. Es ist provokativ, dass diese Musik nicht langweilig ist. Was haben wir denn schon von zwei Percussionisten erwartet ? Ein bisschen bum bum mit jeweils zwei Stöcken. So täuscht sich auch der eingebildete Fachmann. Wie kann das so spannend sein ? Das bleibt Olgas Geheimnis, wir spüren nur das faszinierende Ergebnis und sitzen gebannt in den Kirchenbänken. Claus Rosenfelder am Saxophon präsentiert sich bei dieser Uraufführung in seiner Vielseitigkeit variabler Klangwelten. In der Weltmusik ist er der Giora Feidman der süssen betörenden Klänge. Hier hat er den herben Part. Seine gebrochenen Melodie-Fetzen scheinen den Puls zu unterbrechen, in Frage zu stellen. Das stellt der Analytiker fest. Im musikalischen Zusammenhang ergibt das eher ein percussives Trio, ein Trialog sozusagen unter Schlagwerkern.

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Olga Magidenko – Komponistin

Max Riefer, so jung er auch ist, er hat die Ausstrahlung jahrelanger Bühnenerfahrung und noch mehr eine vitale Bühnenpräsenz. Show-Bizz ist das, die wissende virtuose Gelassenheit.

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Max Riefer

Wencheng Lee ist ein Schlangenmensch. Er hypnotisiert seine Instrumente mit seinen Blicken, windet sich um jede Trommel, nimmt Maß bevor er zuschlägt. Das ist seine Art die Musik zu gestalten und erinnert auch an die Filme von Bruce Lee: gelebte Eleganz.

 

 

 

 

 

 

Post Date Apr 5

Neue Klangwelten auf einer vielbesaiteten Klangreise im „Querklang am Berghang“ am 12.4.2013

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Susanne Eberhard

Wir alle kennen das Weihnachtslied “ Leise rieselt der Schnee“. Es ist so bekannt wie abgegriffen und wirkt so unsensibel banal. Aber irgendwann sind wir draussen und nehmen wahr: er rieselt wirklich und auch leise. Wir hören ihn, auch wenn er nicht laut daher kommt. Wir müssen die Ohren nur aufmachen.

Ähnlich hat es auch Hannes Wader in einem seiner Lieder beschrieben: „Auch das Dunkel hat Farben, die Stille klingt, wenn Du willst, dass sie Dich wieder zu Dir bringt dann gib acht, Deine Ohren sind zu ungeübt um den Ton zu deuten, Dein Blick ist getrübt von zu hastig wechselnden Bildern, vom Schein von Sensationen und es könnte gut sein,  dass Du Dir selbst begegnest wie einem Gespenst nur weil Du die Kräfte der Stille nicht kennst…………..“

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Susannes Monochord

Wieder einmal schlug arkestra convolt eine Volte in eine musikalische Richtung die schon oft angedeutet aber nie so konsequent sich in der Stille bewegt hat. Claus Rosenfelder und besonders Bernd Stang haben wir in unseren Querklang Konzerten bewusst seitlich platziert, damit sie den Zuhörern nicht direkt in die Ohren „tröten“ können. Von „tröten“ kann bei den beiden niemals die Rede sein, denn auch die lautesten Töne sind nur der Ausdruck von laut, im musikalischen Sinn ein deutliches Piano. Wenn die beiden aber richtig leise spielen, dann erkennen wir sie nicht wieder, dann waren wir bisher Kopf über Wasser und tauschen diesen Zustand gespiegelt unter die Oberfläche, wissen was wir unter Wasser von dem „Oben“ sehen. Aber aus der Stille heraus. Aber die Stille hat Farben, das Dunkel klingt. Das ist das Monochord, viele Saiten gestimmt auf G und ähnliches. Sie werden gestreichelt von Susanne Eberhard und je nachdem wo sie die Saiten zum Schwingen bringt entsteht ein Meer von Obertönen, mal mehr, mal weniger aber immer anders. Die Weite die wir unter Wasser ahnen entsteht so im Zuhörer. Auch er weitet sich, wird offen und empfänglich für diesen Schwebezustand und die Stille, die Uwe Stang – mal am Sopran oder am Tenorsaxphon – und arkestra convolt hinzufügen weckt Assoziationen an einen Joint den wir eingeworfen haben.  ( Haben wir natürlich nicht, das ist nur das Bild das sich aufdrängt: so muss sich ein Joint anfühlen ). Bernd Stang kennen wir als Musiker, der seine Posaune und das Publikum immer wieder richtig ran nimmt. Er ist der Underground Heavy Metal Rock and Rhythm Spezialist der New Yorker FreeMusicImproSzene, der uns immer wieder aufregende und spannende Geschichten erzählt. Doch an diesem Abend streichelt er unser Ohr wie die Unschuld vom Lande : habe ich jemals laut und heftig gespielt ? Dann ist wieder Uwe dran. Frisurmässig gehört er zwar auch nach NY. Aber wir beschreiben ihn hier und heute als den Albert Mangelsdorf des Tenorsax und den Jan Gabarek des Sopransax. „Tromboneliness“ hiess eine Platte von Mangelsdorf, so ist Uwe’s Musik: schön, still, lyrisch. Aber Uwe ist glücklich mit seinem schönen Ton in seiner Solitude beruhigend-schwebender Meditation und wir machen mit: schweben und sind glücklich.

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Uwe Stang – Sopran Saxophon

Susanne Eberhard hat noch zwei andere Instrumente mitgebracht: die Tambura und das Koto. Tambura klingt indisch, weckt Assoziationen an eine Sitar und das Koto soll japanisch klingen. Das letztere wurde bezüglich seiner Herkunft ignoriert, musikalisch nahmen alle Beteiligten beim Koto jedoch Fahrt auf in Richtung Ungarn, denn das Koto wird mit Klöppeln in Bewegung gesetzt.

Und was passiert jetzt ? Was ist das ? Susanne singt zur Tambura. Noch mehr Stille – im Publikum. Das ist der Moment für Francesco Panarese, ein neues Trio hat sich gebildet, alle treten in den Hintergrund. In der Stille richten sich alle Ohren auf: ist das schön. Ja, oder: nein, das haben wir noch nie gehört. Und wir alle werden spannend-musikalisch-leise mit einem neuen Joint versorgt. Wer schon gelandet ist, der hebt jetzt noch einmal ab.

Das Konzert ist beendet mit leisem Klöppelschlag auf der Tambura und dem Koto, begleitet von Susannes bezauberndem Gesang. Es wird leiser, stiller und dann das Ende: das Publikum schweigt, schweigt weiter, Ewigkeiten ziehen an uns vorbei. Dann doch noch ein Applaus, ein Applaus der Stille, für die Stille, in Dankbarkeit für 90 Minuten Schwebezustand der Seele, der Musik und der inneren Einkehr. ( Am heiligen Ort, Gottes Wohnung, in der Bergkirche Schlierbach ).

Verbeugung vor dem Altar. Abgang. Es war schön, hat uns Spaß gemacht, wir sind selbst beseelt von den musikalischen Ereignissen der Stille und der schönen Klänge. Wir reden…., gut, dann bauen wir jetzt ab. Aber : da sitzt das Publikum brav in den Bänken, alle noch da. Vermutlich geniesst es bei verdunkelter Kirche und schönem Kerzenschein die absolute Stille. Nein: eine Zugabe muss her, IMG_0498die uns so schön gelingt, dass sogar Susanne Eberhard nach dem Konzert ganz benommen ist und gemeinsam mit ihrem Partner Uwe Stang beschlossen hat, dass auch andere Kirchen dieser Musik würdig sind.IMG_0520

 

 

 

Post Date Mrz 8

Neue Klangwelt mit Meike Krautscheid und arkestra convolt im ” Querklang am Berghang” am 8.3.2013

Die Überraschung kam von Meike Krautscheid. Sie beginnt mit einem leisen Gesangssolo, wiederholt dies ein zweites und drittes mal. So zaubert sie eine dreistimmige IMG_0224Gesangsbegleitung in den Raum, zu der sie dann ihr eigentliches Anliegen präsentiert. Das haben wir hier noch nicht erlebt, eine faszinierende Klangwelt, trotz aller Technik und dem Effekt Gerät wirkt ihre Eigenkomposition ” Danse” so intim und verletzlich.  Denken wir, denn dann beginnt das Stück erst richtig und Meike versetzt uns in eine Kirche mitten in Harlem, in den Film Sister Act: die Gemeinde wiegt die Oberkörper, zwischen den Kirchenbänken klopfen Füsse den Rhythmus. ( Sind die Schlierbacher immer so ? )

Meike hat viel Technik mitgebracht und versteht es, dies zu ihrem Vorteil zu nutzen. So geschehen in ihrer Komposition ” All around you “.  Den schönen Rabbath Sound auf dem Kontrabass hat sie inzwischen gelernt. Dazu zaubert sie mit ihrem Effekt Gerät einen original klingenden Orgelklang den sie selbst zuvor in ihr Loop Gerät einspielt. Dazu singt und improvisiert sie vokal wie instrumental.

Dann lässt sie die Technik ihre Töne verzerren, begleitet sich bei einem weiteren Lied ( Hold the Line ), zu dem dann die fetzigen Basstöne nur so in den Raum spritzen. Hier wird ihre Musik tatsächlich dreidimensional, die Zuhörer spüren, wie sie körperlich von den Tönen wie von Wassertropfen… ja, was ? Ja, tatsächlich getroffen werden. Wie in einem 3D Film kommen rockig-rhythmische Soundpatterns durch den Raum auf uns zugeflogen. Die souveräne freie Improvisation bei den gemeinsamen Stücken mit arkestra convolt hat Meike inzwischen auch gesanglich erstaunlich anpassungsfähig drauf.

IMG_0222arkestra convolt soll hier keineswegs zu kurz kommen: Meike bedankte sich bei uns nach dem Konzert für diesen Abend mit den Worten: ” Solche Musiker und solche Musik gibt es in Köln in der Jazz- und freien Impro- Szene nicht ”

Haben wir da noch Worte ?

Post Date Feb 22

arkestra convolt hängt einen weiteren Hammer an den ” Querklang am Berghang ” am 22.2.2013

 

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Bergkirche Schlierbach – Seitenblick rechts

Diese Hammer Konzerte haben nichts mit dem Hammerklavier zu tun, so wie die Anschlagskultur der meisten Pianisten kein Anschlag auf die Kultur ist. Nein. das Konzert am 22.2.2013 war Johann Sebastian Bach gewidmet. Unsere Auseinandersetzung mit diesem Thema war krankheitsbedingt, unser Gast Min Yung musste absagen. Was als Notprogramm begann entwickelte sich innerhalb einer Woche zu einer musikalischen Besessenheit, wir spürten das verändernde anspruchsvolle Potential dieser Idee. Da wir annahmen, dass dieses Programm zu streicherlastig sein könnte, beschlossen wir in die Mitte, sozusagen an den Höhepunkt ein Percussions Solo für Francesco zu setzen und kamen dann auf die passende Musik: die Sarabande der fünften Bach Suite für Violoncello. Der Höhepunkt sollte aber nicht laut und spektakulär sein. Kein Spektakel sollte es sein, aber durchaus : spektakulär. Einzigartig, still und bewegend. so ist es dann geworden. Schauen sie nach unter : Presse. Hier spricht uns jemand aus dem Herzen.

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Bergkirche Schlierbach – Seitenblick links

Beim Lauschen der Sarabande in diesem Konzert kamen mir Erinnerungen an ein Gedicht von Dietrich Bonhoeffer. Ich erinnerte mich dunkel an die Worte: von guten Mächten wunderbar geborgen…..! Es kam durch die Musik. ( In mehreren Blogs finden Sie alles zu unserem Thema Johann Sebastian Bach).

Sie können nun im folgenden meine Assoziationen beim Lauschen der Sarabande in Bonhoeffers Gedicht aus der Todeszelle nachlesen:

 

 

 

Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, –

so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr;

noch will das alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Tage schwere Last.

Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen das Heil, für das Du uns geschaffen hast.

Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern, des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,

so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus Deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,

dann woll’n wir des Vergangenen gedenken, und dann gehört Dir unser Leben ganz.

Laß warm und hell die Kerzen heute flammen die Du in unsre Dunkelheit gebracht,

führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen! wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so laß uns hören jenen vollen Klang

der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer

http://www.epochtimes.de/dietrich-bonhoeffer-von-guten-maechten-treu-und-still-umgeben-8488.html

Post Date Jan 18

Ein Abend mit Uli Kieckbusch und arkestra convolt am 18.1.2013

 

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Mein Geigenbauer hatte mir Tage vorher angekündigt: es gibt am Freitag so viele Konzerte in Heidelberg, aber “  ich gehe in die Bergkirche zur Konzertandacht „.

Ein in Heidelberg unbeschriebenes Blatt betritt die Bühne, braver ordentlicher schöner Schwabe

Ungesehen, weil oben  an der Orgel, inszeniert er einen Background Orgelteppich der Bernd Stang an der Posaune zu einem fulminant-improvisierten Trompetenkonzert animiert. Und das auf der Posaune. Dann schwebt er herab an das Cembalo. Er hätte Bach das Fürchten gelehrt.  ( Bach hatte 1717 am Hof in Weimar bereits den Ruf eines Orgelvirtuosen und jemand aus der Adelsgesellschaft in Dresden  kam auf die Idee, ihn zu einem  Impro-Duell mit dem am Hof weilenden französischen Orgelvirtuosen Louis Marchand herauszufordern. Beide sagten zu, abends war der Virtuose aus Frankreich jedoch – fluchtartig –  abgereist. ) Bach wäre sicherlich nicht abgereist, sondern hätte sich von Uli Kieckbusch Anregungen für weitere, noch schwierigere Kompositionen geholt.  Uli Kieckbusch mischt in den Stücken von arkestra convolt so kongenial mit, dass die Zuhörer wissen: das ist minutiös einstudiert. Aber genau das ist es nicht. Und während Uli‘s Improvisationen sind das Publikum und arkestra convolt  sich nicht sicher, ob das Cembalogestell dieses Ideenfeuerwerk überlebt. Auch die anwesende Gastgeberin, Pfarrerin Martina Reister-Ulriichs atmete am Ende des Konzerts erleichtert, wenn auch glücklich auf, über den in jeder Hinsicht guten Ausgang dieser muskalischen Attacken.

IMG_9995Seine fulminante Präsenz erstrahlte dann bei seiner Solonummer:  „Bernsteinsong“  Eine schöne getragene Harmonika Melodie ging in seinen Gesang über.  Sonore tiefe  Jim Jarmusch Stimme ( ohne Alkohol ) in diversen improvisierten Sprachen ( jeder kann seine Wunschsprache  heraushören ) und dann steigt sie hinauf und immer höher, wird klarer , reiner und noch höher, bis sie in einen reinen Obertongesang mündet. Ich, der Cellist pausiere derweil und sehe geschlossene Augen im Publikum, glückliche Gesichter, wie so oft an diesem Abend.  Ich sehe auch lachende Gesichter.

Uli Kieckbusch´s Charme geht noch um einiges tiefer als es sich beschreiben lässt:  Wenn alle Normen und Formen verlassen werden, dann finden er und arkestra convolt die Ausdruckskraft, die in vielen Proben nicht geübt werden kann.

Das unterscheidet arkestra convolt  und Uli Kieckbusch von klassischen Ensembles und an Lead-Sheets gebundene Jazzensembles:  wenn sie eine Chance wittern, dem Publikum eine neue Geschichte zu erzählen, dann, dann schlagen alle einen gemeinsamen Haken in das neue Geschehen. So viel musikalischer Wagemut, oft haarsträubend fetzig und witzig zwingt lachende Gesichter in das Publikum.IMG_0004

Nein, dies ist keine Trauerandacht.

 

( Die Anekdote über Bach stammt aus dem Buch von Eric Siblin : „Auf den Spuren der CELLO SUITEN, Johann Sebastian BACH; Pablo Casals und ich.“ Irisiana Verlag

 

 

Post Date Dez 14

Ein Abend mit Francesca Imoda und dem arkestra convolt am 14.12.2012 in der Bergkirche in Heidelberg-Schlierbach war schlichtweg gesagt: der Hammer.

arkestra convolt gelang es mit gänzlich freien Improvisationen für das Ohr der Zuhörer spannende bis harmonisch irritierende Klangwelten zu zelebrieren.

Francesca ImodaFrancesca Imoda kommt so jung und harmlos daher. Aber wenn der Tanz beginnt, dann traut der Zuschauer seinen Augen nicht : von Lolita über Vamp bis hin zum Engel in der Kirche beherrscht sie ein Spektrum tänzerischer Ausdruckskraft, die im Publikum Schockstarre erzeugen kann und dann wieder einen Drang zum ” ich krieg mich nicht mehr ein ” Gefühl erzeugt. Seit diesem Konzert gehört arkestra convolt zur absoluten Fangemeinde dieser begnadeten Tänzerin.

Hans Bellmann hat einen Roman geschrieben: ” Stein und Flöte – und das ist noch nicht alles  ” Das ist es: hier fehlt noch etwas. Die pure Beschreibung alleine gibt noch nicht den Inhalt korrekt wieder. Es gab einen Rektor der Jüdischen Universität in Heidelberg : Yehuda Raddai, der hat ein kleines Rätselbuch verfasst mit dem Titel : ” Rätseligkeiten ” : Charaden,, Intimitäten, Homonyme und Palyndrome der Sprache. Verlegt im Verlag Uli Ackermann. ( Ich erwähne und zitiere dies, solange es mir erlaubt ist und hoffe , dass die nicht erfragte Erlaubnis auch bleibt ).Was Francesca Imoda in der Kirche macht ( und arkestra convolt begleitend ebenso ) ist das folgende Homonym von Jehuda Raddai:  ” Credo und Kollekte ” :

snapshots ein Musik- und Tanzimprovisationsabend im ehemaligen Britenkinosnapshots ein Musik- und Tanzimprovisationsabend im ehemaligen Britenkino

“Am heiligen Orte, im Dom, Gottes Wohnung,lauscht frömmelnd dem Worte und hofft auf Belohnung der Geizhals andächtig.  Doch kaum hat der Priester des Wortes Betonung verlegt,so verschließt er sein Ohr niederträchtig.” Beides findet hier die Erfüllung:  die Trilogie der Erfüllung von Hingabe und Gebet und gebet. Dafür danken alle Beteiligten mit gleicher Hingabe.

 

Photos: Swaantje Hehmann