Mai 19
Der Querklang am Berghang in der evangelischen Bergkirche Schlierbach geht im kommenden Jahr weiter. Die Verantwortlichen in der Kirchengemeinde scheinen ihn zu mögen. Vermutlich traut sich niemand etwas Negatives darüber zu äussern, denn die Pfarrerin Martina Reister-Ulrichs und Kirchenvorstände zählen zu unserem Dauergästen. Jetzt warten wir auf weiteren Andrang: Wer musikalisch etwas zu sagen hat, der soll sich äussern, wir unterhalten uns gerne mit Neuem und Unerwartetem im Querklang am Berghang.
Mai 17
Das Programm:
„Spagnolo“ op. 21 für Kontrabass Solo
„Puls“ op. 18a für Saxophon und zwei Percussionisten
„Bauernhof“ Kinderalbum für Klavier Solo op. 88
„Romantic Trio“ für Klarinette, Viioloncello und Klavier op. 17
„Zufälliges Ensemble“ für Klarinette, Posauner, Schlagzeug, Kontrabass und Klavier op. 20a
Sonate für Kontrabass und Klavier op. 9
Die Mitwirkenden sind:
Claus Rosenfelder, Klarinette, Saxophon
Bernd Stang, Posaune,
Michael Schneider Kontrabass, Cello
Francesco Panarese, Percussion
Max Riefer, Wencheng Lee, Schlagwerk
Robert Farkas, Klavier
Mai 14
Eine Kirche voller Percussionsinstrumente, einen Sprecher, einen Schauspieler, einen Akrobaten und jede Menge Selbstbewusstsein
braucht es für „Phonetica“ eine zwölfminütige Bravour Nummer unbekannten Schwierigkeitsgrades. Dass ein Musiker sein Handwerk versteht ist Ehrensache, dass er sein Mundwerk in diesem Fall auch noch unter Kontrolle hat, das vereint sich nicht oft in einem Menschen. Weit entfernt von Selbstzweck in der Inszenierung setzt Max Riefer akustische Bonbons in den Raum, Delikatessen modernen Musikerlebens. Dabei verschwimmt die Wahrnehmung zwischen tatsächlichen Intsrumentalklängen und seinen klangpercussiven Geräuschen die er mit dem Mund produziert. Nicht der Showeffekt geht unter die Haut, der würde uns in Staunen versetzen, nein, es ist der feine Geschmack eines Fünf-Sterne-Menues, dessen Bestandteile wir erahnen aber nicht beschreiben können. Es ist die Magie des Gewusst-Wie. Jetzt wissen und glauben wir auch: seine musikalische Vita ist nur die untertriebene Gelassenheit eines Könners und Machers der Musik. Max Riefer ist das männliche Pendant zu Erika Stucky : beide kommen so natürlich und selbstverständlich auf die Bühne, ausgestattet mit Klarheit, Humor und Können. Beide müssen eine glückliche Kindheit gehabt haben, dass sie sich jetzt so souverän durch das Leben bewegen.
Mai 13
Der Abend beginnt mit nichts. Waldgeräusche in der Kirche. Niemand auf der Bühne, niemand spielt. Anwesenheit in Abwesenheit sozusagen. Fünf Minuten geht das so, dann kommt Leben in die Kirche. Eigentlich in den Wald, denn eine Lerche beginnt ihren Gesang. Es muss eine erfahrene Lerche sein, denn die vielen Geschichten die sie uns erzählt bedürfen einiger Erfahrung. Langsam mischen wir uns ein: zwei Percussionisten, ein Cello, Posaune und eine Klarinette/Saxophon. Die Lerche gibt den Ton an und wir unterhalten uns mit ihr, versuchen Vögel zu sein ( aber keine schrägen Vögel ), so gut zu erzählen wie ein Vogel.. Das Publikum soll wieder bewegt werden: geistig, spirituell. Komponiert“ hat sich die Lerche selbst, aufgenommen hat sie der Komponist Bernhard Wulf ( * 1948 ).
Wir, arkestra convolt sind vor jedem Konzert in Sorge: werden wir unsere Vorstellungen verwirklichen ? Genügen wir unseren eigenen Ansprüchen ? Wir haben uns noch nicht enttäuscht. Und noch nichts Negatives aus dem Publikum gehört, einige sind nicht zum ersten mal hier.
Der malayische Komponist Kee Young Chong ( * 1971 ) hat „Metamorphosis“ (2001) komponiert, für Soloflöte, Max Riefer-Wencheng Lee-Percussion und arkestra convolt. Die Flöte kommt vom Zuspielband. Der Unterschied zwischen „Neuer Musik“ und freier Improvisation verschwimmt bei diesem Werk. Haben Sie gehört, was notiert und was frei gespielt wurde? Gesehen haben Sie es nicht, konnten es nicht ahnen, weil die Musiker sehr konzentriert in ihre Noten schauten. Da war aber nicht viel zu sehen weil da nur Hyroglyphen zu sehen waren. Das ist Teil der Komposition, dann geben die Zuhörer der Darbietung mehr Gewicht. Dies nimmt dem Stück jedoch nichts von seiner tiefen und ernsthaften Musikalität.
Keiko Harada ( *1968) komponierte für Max Riefer das Solostück „Phonetica„. ( Darüber berichten wir separat in einem weiteren Artikel ).
Olga Magidenko betritt mit ihrer Auftragskomposition von arkestra convolt die Bühne: „Puls“ für Saxophon und zwei Percussionisten. Wir lieben sie für ihre Musikbesessenheit. Ihr Weltruhm steht noch aus. Aber arkestra convolt will auch weltberühmt werden. Dann nehmen wir sie mit in den “ Puls“ der weiten Welt. Wir können diese wunderbare Musik nur als tiefgängig-skurril bezeichnen. Und provokativ. Mal ist unser Puls ruhig, dann wieder heftig. Dann bleibt er stehen, in der Musik wie im Publikum. Es ist provokativ, dass diese Musik nicht langweilig ist. Was haben wir denn schon von zwei Percussionisten erwartet ? Ein bisschen bum bum mit jeweils zwei Stöcken. So täuscht sich auch der eingebildete Fachmann. Wie kann das so spannend sein ? Das bleibt Olgas Geheimnis, wir spüren nur das faszinierende Ergebnis und sitzen gebannt in den Kirchenbänken. Claus Rosenfelder am Saxophon präsentiert sich bei dieser Uraufführung in seiner Vielseitigkeit variabler Klangwelten. In der Weltmusik ist er der Giora Feidman der süssen betörenden Klänge. Hier hat er den herben Part. Seine gebrochenen Melodie-Fetzen scheinen den Puls zu unterbrechen, in Frage zu stellen. Das stellt der Analytiker fest. Im musikalischen Zusammenhang ergibt das eher ein percussives Trio, ein Trialog sozusagen unter Schlagwerkern.
Max Riefer, so jung er auch ist, er hat die Ausstrahlung jahrelanger Bühnenerfahrung und noch mehr eine vitale Bühnenpräsenz. Show-Bizz ist das, die wissende virtuose Gelassenheit.
Wencheng Lee ist ein Schlangenmensch. Er hypnotisiert seine Instrumente mit seinen Blicken, windet sich um jede Trommel, nimmt Maß bevor er zuschlägt. Das ist seine Art die Musik zu gestalten und erinnert auch an die Filme von Bruce Lee: gelebte Eleganz.