Sep. 30
Sep. 29
Ende der Sinfonie: Yordan Kamdzhalov verharrt in seiner Schlussbewegung. Stille. Kein Hustenanfall. ( Nicht einmal der traut sich bei diesem charismatischen Dirigenten, sich bemerkbar zu machen. Seit Yordan in Heidelberg weilt ist dieser geniale Mensch jedem Hustenanfall heilig). Aber nicht nur ihm, auch unserem Publikum. Sicherlich dämpft sein vorzeitiger Karrieresprung die Stimmung seiner Fans. Wenn er die Heidelberger im Konzert in seinen Bann zieht, dann ist alles vergeben und vergessen. Die Liebe bricht wieder hervor. Zu ihm, auch die Liebe zu seiner Magie.
Zurück zum Konzert: Yordan senkt die Arme: es darf geklatscht werden. Aber niemand klatscht. Nicht einmal der Hustenanfall meldet sich. War das jetzt so schlecht, dass es keiner Handbewegung wert ist? Schön wär’s. Werk und Dirigent haben alles zum Schweigen gebracht. Es gibt auch eine Begeisterung, die keines Lärms bedarf.
Und an diesem Punkt schütteln wir, arkestra convolt diesem Jahrhundert Dirigenten die Hand und sagen: Hallo Kumpel, da haben wir wohl die gleichen Vorlieben auf (Verzeihung) gleicher Wellenlänge. Unser Publikum klatscht, aber immer wieder erst nach langer Pause. Und ganz anders als in den Philharmonischen Konzerten bleibt es immer konsequent sitzen, auch wenn wir nach unserer letzten Verbeugung in der Sakristei schon das Konzert besprechen. Schreiten wir dann zum Abbau, dann sitzt unser Publikum immer noch in den Bänken. Dann wissen wir, dass wir unsere Begeisterung mitteilen konnten.
Sep. 29
Die Lieder ohne Worte haben berührt. Mal die Füsse, dann die Oberkörper und vor allem die Gesichtsmuskeln. Dann war aber wieder alles ganz anders, die Stille meldete sich zu Wort. Viele Gesichter und Gedanken befanden sich plötzlich auf dem Pfad der Nachdenklichkeit. ( Fritz Mühlenweg ). Es erklang Musik, aber so leise, fein und sentimental. Durchaus gut hörbar, aber innen drin wurde es still, die Seele wurde berührt wie die Windharfe durch die Luft, eine andere Art von Schwingungen war im Raum. Woher wir das wissen ? Wir haben die Stille gehört und gesehen. Ganz hinten waren das geschlossene Augen.Weiter vorne verklärtes Lächeln. Und dann sehe ich ein Gesicht und bin irritiert: wie soll ich es deuten ? Ich muss es ertragen, dass ich das nie erfahren werde. Habe ich aber doch, dieses Gesicht kam ausgerechnet nach dem Konzert zu mir um mich von meinen Zweifeln zu befreien.
Die Stille: ( Hannes Wader )
„Die Dämmerung kommt, ein erster Hauch des Nachtwindes streift den Holunderstrauch der sich gern an die Häuser der Menschen drängt, ihre Leiden lindert, ihr Fieber senkt, das schüchterne Wispern, der kräftige Duft. Du lauschst und Du atmest und Du schmeckst diese Luft. Es wird kühl und doch brennt noch im schwindenden Licht die Hitze des Tages auf Deinem Gesicht. Noch ein Rascheln und Räuspern der Eichen im Wind, das Tuscheln der Birken, die noch munter sind, das Zischen der Pappel, die jetzt ausruhen will, nun ist es dunkel und endlich ganz still.
„Auch das Dunkel hat Farben, die Stille klingt, wenn Du willst, dass sie Dich wieder zu Dir bringt dann gibt acht, Deine Ohren sind zu ungeübt um den Ton zu deuten, Dein Blick ist getrübt von zu hastig wechselnden Bildern, vom Schein von Sensationen und es könnte gut sein, dass Du Dir selbst begegnest wie einem Gespenst nur weil Du die Kräfte der Stille nicht kennst. Deine schwersten Gedanken schleppst Du noch mit auf die Reise nach innen, nur ein falscher Schritt und Du wirst fallen, darum geh jetzt ins Haus, bist doch müde genug, warum ruhst Du nicht aus ? “ ( Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Verlages Robert Weißenberger, Frankfurt ).
Sep. 22
Christiane Grimm, Jürgen Schulz, Bruni Jaquet und Alex luden nach dem Konzert zu einem Umtrunk ein. Es gab Knoblauch- Auberginen- Schafskäse Dip. Con un poco di Vino. Das ergibt den richtigen Nährboden und die Nähe für gute Gespräche in der Bergkirche. 









Sep. 21
Glen Gould war bei einem Zenmeister. Wollte er von ihm das Klavierspielen erlernen? Nein, er konnte es schon ziemlich gut. Der Zenmeister ließ ihn ein Jahr lang einen Ton spielen. Danach wusste Glen Gould, wie man mit einem Ton umgehen kann, muss. Der eine Ton steht dann auch für die vielen anderen? Und wozu soll das gut sein ? Das hat Detlev Bork im September Querklang mit arkestra convolt eindrucksvoll zelebriert. Das letzte Stück des Abends: „Ariadne en su Labyrinto“ von Osvaldo Golijov bot 10 Minuten lang die Gelegenheit die Möglichkeiten und Variationen mit und über den Ton „d“ auszuloten.
Das ist nun Detlev’s leichteste Fingerübung. Hörte sich überhaupt nicht so an, das Ergebnis. Wir versuchen zu sagen: mach das erst mal nach. Da nützt uns auch ein Jahr beim Zen Meister nichts. (Karl Valentin sagt dazu : wenn man es kann ist es ja keine Kunst mehr).
Die Freude am Einfachen brachte dann den echten „Flamenco“ Detlev zum Vorschein. Ein Meer von spanischer Vitalität brandete in den Kirchenraum. Meine Kinder nannten das bei ihren LAN-Partys: so richtig abzocken! Den Satz hat Detlev sich wohl auch von seinen Kindern abgehört und brachte ihn als vitalen musikalischen Gedanken ins gemeinsame Geschehen ein. Und wenn Detlev seine Gitarre so richtig abzockt, dann empfinden wir eine unglaubliche Leichtigkeit und Fröhlichkeit. Jeder der ein Instrument spielt oder auf seine Art ein Meister seines Faches ist, der kennt den langen Weg zu dieser Leichtigkeit.
Ein Roman von David Foster Wallace heißt: unendlicher Spaß! Den hatte auch das Publikum. Wir konnten es an den Gesichtern, den lachenden Gesichtern und vielen sich im Rhythmus der Musik bewegenden Körperteile sehen. Und was passiert, wenn ein Perkussionist wie Francesco Panarese, der schon musikalisch das gesamte Nord Afrika bereist hat, auf Detlev Bork trifft? Was geschieht mit Detlev Bork, wenn er Francesco als Musiker neben sich hat? Was geschieht also, wenn zwei perfekte Rhythmiker ihre Instrumente so richtig abzocken? Dann wird es spannend.
Dann unterhalten sich zwei Könner auf ihre Weise und der Gitarrenkönner betätigt sich nicht nur mit Melodien und Tönen, nein er benutzt sein Instrument auch für perkussive Effekte. Dann wird es zwar rhythmisch und auch laut in der Kirche. Aber eigentlich wird es ganz still, denn diese Spannung lässt sich nur durch fasziniertes Staunen erleben und aushalten. Die Kirche war schon leicht kühl. Das war bei diesen Dialogen jedoch schnell vergessen. War das die spanische Hitze die wir dem Publikum versprochen hatten? Nein, sie kam aus Kiel und Napoli. Da kommen die beiden her. Aber in Spanien wird nicht rund um die Uhr Flamenco getanzt. Das haben arkestra convolt und Detlev Bork auch schon erkannt.
So kam es zu einigen kontemplativen Momenten, kleinen Diamanten der Musik : „Oriental“ von E. Granados erklang als sentimentaler Moment Musical. Eine einfache Melodie in schöner Dreisamkeit von Klarinette, Posaune und Cello, begleitet vom eigenen Melodiefluss aus Detlev’s Gitarre. Ebenso „Luna“ und „Sueltate las Cintas“ von Osvaldo Golijov waren die Suchtmacher dieses Abends. Mal nur mit Klarinette und Gitarre, dann zu harfenartigen Gitarrenarpeggien eine von Golijov’s Sehnsuchtsmelodien nacheinander von den drei Melodie Instrumenten gespielt. Sehnsucht des Abends: bleib noch du schöne Melodie, du bist so schön, verlass mich nicht, lass mich nicht mit mir allein.
Das brauchte niemand. Das Ritual unseres Publikums: nach dem Konzert einfach sitzen bleiben. Gut, dann noch eine Zugabe. Dann bat Christiane Grimm zu Tisch. Musiker und Publikum waren auf einen Imbiss-Umtrunk eingeladen. Falls Sonntag kein Messwein da ist: wir waren es nicht. Auch der Wein dieses Abends wurde gespendet von Christiane Grimm, Jürgen Schulz, Bruni Jaquet und Alex.